Mensch und Maschine: Hand in Hand

Bist du technikbegeistert und damit ein Early Adopter? Oder stehst du neuen Technologien eher kritisch gegenüber?

Die Freude an Technik ist ungleich verteilt. Manche können nicht schlafen, wenn sie das neuste Gadget noch nicht bestellt haben und sie möchten ihren Betrieb jeweils sofort technisch aufrüsten. Andere erkennen auch, dass mehr Technik nicht in jedem Fall zu produktiveren Arbeitsprozessen führt oder gewisse technische Annehmlichkeiten auch einen Preis haben: digitale Erreichbarkeit rund um die Uhr, weniger Zeit für menschliche Interaktion. Manchmal muss man auch gut laufende Prozesse auf einmal um ein technisches System herumbauen. Dadurch werden die Prozesse eher komplizierter als vorher, und dies, obwohl bei der Einführung des neuen Systems versprochen wurde, dass damit alles einfacher werde. Daher lohnt es sich für typische Early Adopter oft, die Bedenken der Skeptischeren abzuholen.

Auch die Freude an Veränderungen ist ungleich verteilt. Wandel ist für manche ein Segen, andere leiden unter den raschen Veränderungen, die oftmals technologisch getrieben sind. Mitarbeitende im digitalen Wandel mitzunehmen und zu motivieren, veränderungs- und lernfreudig zu bleiben, ist eine der anspruchsvollsten Führungsaufgaben der Gegenwart. Denn gerade, wenn die Schlagzeilen ein negatives Licht auf Technik und Job-Sicherheit werfen, ist eine gewisse Abwehr auch verständlich.

«Bis 2030 fallen in der Schweiz eine Million Jobs weg», «Diese Jobs sind besonders von Robotern bedroht»: So und ähnlich lauten Schlagzeilen im Zusammenhang mit Digitalisierung und Automatisierung. Zukunftsforscher und Trendexpertinnen sind sich sicher: Künstliche Intelligenz wird unsere Arbeitswelt auf den Kopf stellen und Routinearbeiten werden wegdigitalisiert. Auch im Verkehr- und Transportbereich sind solche Prognosen angekommen. Das Schreckgespenst Job-Verlust geistert umher und sorgt für Verunsicherung. Bei diesen Prognosen bleibt auf der Strecke, dass die Angst, Menschen könnten durch Maschinen ersetzt werden, so alt ist wie die Industrialisierung selbst. Als diese im 19. Jahrhundert ihren Lauf nahm, bildete sich in England eine Protestwelle gegen den Verlust von Arbeitsplätzen in der Textilindustrie, angeführt von «Ludditen». In der Schweiz fand der «Maschinensturm» einen Höhepunkt, als 1832 in Uster im Kanton Zürich textile Heimarbeiter aus Existenzangst eine mechanische Spinnerei und Weberei in Brand setzten. Die Geschichte des Arbeitsmarktes zeigt uns jedoch: Automatisierung hat seit Beginn der Industrialisierung jeweils eine neue Nachfrage für Arbeit geschaffen, zu höherer Produktivität, höheren Löhnen und zusätzlicher Nachfrage nach Arbeitskräften geführt. Ausserdem wird längst nicht jeder automatisierbare Job auch tatsächlich automatisiert. Das hat auch Kostengründe: Bestimmte Automatisierungen sind kostspieliger als menschliche Arbeit. Viele Prognosen gehen zudem fälschlicherweise davon aus, dass ganze Berufsprofile wegfallen, nicht nur einzelne Tätigkeiten automatisiert werden. Und sie vernachlässigen, dass Technologie nicht auf Anhieb alles effizienter macht, sondern oft zusätzliche Stellen nötig sind, um die neuen Arbeitsprozesse zu regeln. Mensch und Maschine arbeiten deutlich öfter Hand in Hand, als dass Maschinen fähig wären, die Komplexität menschlicher Arbeit vollständig zu ersetzen.

Es lohnt sich, wenn du persönlich bereit bist, dich weiterzubilden, wenn dein Betrieb in Fortbildung und lebenslanges Lernen investiert. Aber es lohnt sich auch, eine der wichtigsten Kompetenzen im digitalen Zeitalter zur Hand zu nehmen: das kritische Denken. Dieses gilt besonders auch im Umgang mit angsteinflössenden Zukunftsprognosen, die oft auf ziemlich wackligen Beinen stehen. Interessanterweise gelten im digitalen Zeitalter keineswegs nur digitale Kompetenzen als relevant, sondern vor allem solche, über welche Maschinen nicht verfügen: Problemlösungsstrategien, Anpassungsfähigkeit und Kreativität. Wer Freude am Lernen hat und veränderungsbereit ist, erfüllt das Gebot der Stunde: Agilität.

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